"Mein Körper wusste es oft, bevor ich es selbst zugeben konnte." Dieser Satz beschreibt nicht nur eine Erkenntnis, sondern den Wendepunkt in meinem Leben. Lange habe ich geglaubt, dass sich psychische Belastung im Kopf abspielt – in Gedanken, Gefühlen, innerem Chaos. Doch mein Körper hat schon viel früher gesprochen. Mit Schmerzen. Mit...

Wenn der Körper laut wird – Was psychosomatische Symptome uns wirklich sagen wollen
"Mein Körper wusste es oft, bevor ich es selbst zugeben konnte." Dieser Satz beschreibt nicht nur eine Erkenntnis, sondern den Wendepunkt in meinem Leben. Lange habe ich geglaubt, dass sich psychische Belastung im Kopf abspielt – in Gedanken, Gefühlen, innerem Chaos. Doch mein Körper hat schon viel früher gesprochen. Mit Schmerzen. Mit Verspannungen. Mit Symptomen, die ich nicht verstehen konnte – oder nicht verstehen wollte.

Die ersten Warnzeichen
Jahrelang hatte ich immer wieder Bauchschmerzen. Kopfschmerzen. Übelkeit. Rückenschmerzen, die so intensiv wurden, dass ich 2024 schließlich einen Bandscheibenvorfall erlitt. Zeitweise konnte ich nicht mehr ohne Gehhilfen gehen. Ich dachte, das wäre eben "normaler" Stress. Wer hat heute nicht Rückenprobleme? Dass ich bestimmte Lebensmittel plötzlich nicht mehr vertrug, schob ich auf Intoleranzen. Ich konnte nicht erkennen, dass mein Körper längst ein Alarmsystem aktiviert hatte.
Statt auf ihn zu hören, drehte ich die Lautstärke meines Lebens noch weiter auf. Ich war viel unterwegs, trainierte exzessiv, fuhr Longboard, ging klettern – manchmal sogar ohne Sicherung. Ich suchte Kontrolle, und je mehr mein Körper schrie, desto mehr wollte ich ihn zum Schweigen bringen. Alkohol. Medikamente. Arbeit. Sport. Alles wurde zum Mittel gegen den Lärm im Inneren – und im Äußeren.

Wenn die Psyche kippt
Als mein Rücken endgültig streikte, begann auch meine Psyche zu brechen. Ich war reizbar, wurde schnell wütend, fühlte mich leer und gleichzeitig überfordert. Depressionen bestimmten meine Tage, begleitet von Stimmen in meinem Kopf, die mir einflüsterten: "Du bist nichts wert. Du wirst das nie schaffen."
Zur gleichen Zeit startete ich eine Weiterbildung zum HR-Generalisten. Ich wollte etwas aus meinem Leben machen, mich beweisen – mir selbst und anderen. Doch die Kombination aus chronischen Schmerzen, innerem Druck und der neuen Herausforderung war zu viel. Ich bekam unerklärliche Bauchschmerzen, wurde mehrfach ins Krankenhaus eingeliefert. Die Ärzte fanden nichts. Und jedes Ergebnis ohne Befund fühlte sich wie ein neuer Stich ins Herz an.
Ich begann mich zu verletzen. Nicht aus einer Laune heraus – sondern weil ich keinen anderen Weg sah, mit der inneren Überflutung umzugehen. Ich fühlte mich machtlos. Gegen meinen Körper. Gegen meine Psyche. Gegen das Leben.

Der Punkt, an dem nichts mehr geht
Der Tiefpunkt kam im Dezember 2024. Der Schmerz war allgegenwärtig – körperlich wie seelisch. Ich konnte kaum noch gehen, jede Bewegung schmerzte. Mein Kopf war erfüllt von Stimmen, die nicht mehr aufhörten: "Bring dich um." "Du bist nur eine Belastung." "Es wird nie besser." Ich glaubte ihnen.
Ich versuchte, mir das Leben zu nehmen.
Was folgte, war ein Klinikaufenthalt – in einer Psychiatrie, die ich vorher nur aus Vorurteilen kannte. Doch dort wurde ich zum ersten Mal ganzheitlich gesehen. Nicht nur als Rückenpatient. Nicht nur als psychisch Belasteter. Sondern als Mensch. Ich bekam Physiotherapie, Medikamente wurden neu eingestellt, ich begann Gesprächstherapie. Und langsam – ganz langsam – begann ich wieder aufzutauchen.
Der Weg zurück
Heute höre ich auf meinen Körper. Nicht immer perfekt, aber mit deutlich mehr Achtsamkeit. Ich erkenne frühe Warnzeichen: innere Unruhe, Schlafprobleme, leichte Rückenschmerzen. Und ich habe gelernt, dass ich handeln darf – bevor es eskaliert.
Ich habe einen Notfallkoffer: Atemtechniken, Journaling, Wärmflasche, Bewegung, Kontakt zu meinem Team bei Wien Energie. Dort erfahre ich Verständnis und Unterstützung. Es gibt Rücksicht, ohne Mitleid. Raum, ohne Druck. Ich darf sagen, wenn es mir schlecht geht. Ich darf ich sein.
Körperlich helfen mir inzwischen sanfte Bewegung, gezielte Physiotherapie, Faszientraining. Und psychisch: Struktur. DBT. Kleine Routinen. Und das Wissen: Ich bin nicht allein.

Was psychosomatische Symptome uns sagen
Psychische Erkrankungen wie ADHS, Bipolare Störung oder Borderline sind nicht nur Diagnosen im Kopf. Sie drücken sich oft körperlich aus – mit Beschwerden, die kein Labor erfassen kann. Die uns aber sagen wollen: "Schau hin. Du brauchst eine Pause." Oder: "Etwas stimmt hier nicht."
Diese Symptome sind kein Zeichen von Schwäche. Sie sind ein intelligentes Alarmsystem. Unser Körper zeigt, wo es brennt – lange bevor es in Flammen steht. Wenn wir das erkennen, entsteht Raum für Selbstschutz, für Prävention, für neue Wege.
Was du mitnehmen kannst
Wenn du Bauchschmerzen hast, die nicht verschwinden. Wenn dein Rücken ständig blockiert. Wenn du ständig müde bist, obwohl du genug schläfst – frag dich nicht nur, was dein Körper braucht. Frag dich auch, wie es deiner Seele geht.
Vielleicht brauchst du mehr Ruhe. Vielleicht weniger Druck. Vielleicht mehr Verständnis von deinem Umfeld – oder von dir selbst.
Und wenn du nicht weißt, wo du anfangen sollst: Fang klein an. Eine bewusste Pause. Ein ehrliches Gespräch. Ein warmer Tee. Eine kurze Meditation. Es muss nicht gleich eine Therapie sein – aber es darf eine werden.
Fazit
Psychosomatische Symptome sind keine Einbildung. Sie sind Botschaften. Unser Körper ist kein Feind, der uns sabotiert – sondern ein Partner, der uns erinnert, wenn wir uns selbst vergessen.
Ich habe gelernt, auf ihn zu hören. Nicht immer. Nicht sofort. Aber immer öfter.
Und wenn du das hier liest, dann vielleicht, weil dein Körper auch gerade spricht. Ich wünsche dir den Mut, ihm zuzuhören.
Du bist nicht allein.
Wenn dich dieser Beitrag berührt hat, findest du auf meinem Blog Mindful Journey viele weitere persönliche Geschichten, Tools und Impulse rund um ADHS, Bipolare Störung, Borderline – und das Leben dazwischen.
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