USA vs. Österreich: Was passiert, wenn Inklusion zurückgedreht wird – und was wir in Wien anders machen

14.08.2025

In den USA setzt die Regierung seit 20./21. Januar 2025 harte Schritte gegen DEI (Diversity, Equity & Inclusion). Einiges wurde bereits von Gerichten gebremst – aber der Kurs ist klar. Österreich steht rechtlich stabil, Unternehmen treiben Inklusion weiter voran. Für mich als neurodivergente Person ist das keine Kulturdebatte, sondern Alltag: Inklusion entscheidet mit darüber, ob Menschen mit psychischen oder körperlichen Besonderheiten gesehen, eingestellt und gehalten werden.

Was in den USA passiert (seit 20./21. Januar 2025)

  • EO 14151 stoppt DEI/DEIA-Programme in Bundesbehörden – inklusive "Cleanup" auf Webseiten & in Förderlogiken.
  • EO 14168 definiert rechtlich nur noch ein "biologisches" Geschlecht für den Bund und verschärft Vorgaben rund um Trans- und Gender-Themen.
  • EO 14173 kippt u. a. die historisch zentrale EO 11246 für Auftragnehmer – das verändert Pflichten für Unternehmen mit Bundesverträgen fundamental (Affirmative-Action-Regime weg).

Folgen, die man spürt:

  • Fördertöpfe & Programme: NSF dokumentiert Umsetzungen & Terminierungen – Projekte mit DEI-Bezug wurden angepasst bzw. beendet.
  • Gerichte bremsen: Ein Bundesgericht untersagte dem Bildungsministerium vorläufig, AmeriCorps-Mittel wegen neuer Sex/Gender-Vorgaben einzufrieren; ein anderer Richter erklärte NIH-DEI-Kürzungen als diskriminierend.
  • Klagenwelle: NAACP/LDF & Lambda Legal fechten die Orders an; TIME & Inside Higher Ed berichten fortlaufend – die Verfahren sind breit gestreut.
  • Unternehmen rudern zurück: Analyse-Häuser sehen weniger explizite DEI-Verpflichtungen in 10-K/CSR-Teilen; Medien berichten teils von massiver Reduktion der DEI-Sprache in 2025-Berichten.

Was mich daran besonders trifft:
Die Pandemie hat gezeigt, wie Remote-Work Menschen mit Behinderungen Türen öffnet – Beschäftigung & Teilhabe stiegen messbar. Wenn DEI politisch delegitimiert wird, kippt häufig zuerst das Flexible: Homeoffice-Quoten, accommodations, Mentoring. Daten von Fed St. Louis, DOL und Forschung unterstreichen die Bedeutung von Flex-Modellen.

Österreichs Fundament: stabil, verbindlich – und europäisch rückgebunden

Gesetze & Institutionen (Auswahl):

  • GlBG (Gleichbehandlungsgesetz) – Diskriminierungsverbot im Arbeitsleben, Beweislast, Rechtsfolgen.
  • BGStG & BEinstG – Behindertengleichstellung und Beschäftigungspflichten.
  • EU-Richtlinien 2000/43 & 2000/78 – Antirassismus & Gleichbehandlung im Beruf (in AT umgesetzt).
  • Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW), GBK und Klagsverband unterstützen, prüfen, klagen – mit klaren, niedrigschwelligen Zugängen.
  • Bundesverwaltung: Diversitätsmanagement & Fortbildungen (Verwaltungsakademie) laufen strukturiert und kontinuierlich.

Warum das zählt: Unser Rahmen ist nicht nur "nice to have", er ist ESG-relevant (S – Social), gibt Planungssicherheit und schützt auch Arbeitgeber:innen vor Wildwuchs – mit klaren Standards statt politischer Pendelbewegungen.

Direktvergleich 2025: USA vs. Österreich (auf den Punkt)

Und ich? Warum mich das Thema existenziell betrifft

Ich habe Jahre gebraucht, um mit meinen neurodivergenten Seiten nicht nur zu "funktionieren", sondern zu arbeiten – offen, produktiv, gemeinschaftlich. Inklusion ist dabei kein "Extra". Sie ist das Geländer an einer steilen Treppe: Man merkt erst, wie wichtig sie ist, wenn sie fehlt.

  • Flexible Arbeit (wo möglich) hält mich stabil.
  • Bewusste Sprache & Führung nimmt Druck raus.
  • Formalisierte Fairness (Beschwerden, Schutz, Transparenz) gibt Sicherheit – mir und meinem Team.

Wenn Politik DEI verengt, wird aus meiner Arbeitswelt schneller eine Mutprobe. Wenn Unternehmen Inklusion ernst meinen, wird sie zur Wachstumsbedingung – für alle.

Was Unternehmen in Österreich jetzt konkret tun können

  1. DEI rechtssicher verankern: Richtlinien am GlBG spiegeln, Prozesse dokumentieren, Kennzahlen tracken. (GAW/GBK im Blick.)
  2. Barrieren runter – sichtbar: Von der Stellenausschreibung (genderneutral, inklusiv) bis zur "stillen Stunde"-Logik am POS oder in Services.
  3. LGBTQIA+ & Disability ernst nehmen: Netzwerke fördern (Vorbild di.to), Job-Accommodationsstandardisieren.
  4. Flex-Work als Inclusion-Tool denken: Evidenz für bessere Teilhabe ist da – Pilotieren statt polarisieren.
  5. Führung befähigen: Unconscious-Bias-Trainings & klare Eskalationswege; Angebote der Verwaltungsakademie & externe Partner nutzen.

FAQ - für Suchende & Skeptische 

Ist "DEI" in Österreich vorgeschrieben?
Nicht als DEI-Label – aber die Pflichten aus GlBG/BGStG/BEinstG sind verbindlich. Viele DEI-Maßnahmen sind der umsetzende Arm dieser Gesetze.

Gibt es Belege, dass DEI wirtschaftlich nützt?
Ja – Studien zeigen resilientere, innovativere Unternehmen; Diversity-Indizes und Management-Analysen untermauern das.

Ist das in den USA "nur Politik"?
Nein. Executive Orders ändern Förderlogiken, Vertragsbedingungen und Verwaltungspraxis – mit realen Folgen für Menschen & Firmen. Gerichte haben manches gebremst, aber der Grundkurs bleibt spürbar.

Warum ich das jetzt schreibe

Weil "Diversität" kein Poster ist. Es ist die Frage, wer morgens wirklich mit am Tisch sitzt – bei Entscheidungen, in Teams, beim Kund:innenerlebnis. Die USA zeigen 2025, wie schnell man erkämpfte Strukturen abräumen kann. Österreich zeigt, wie wertvoll ein stabiles Fundament ist.

Ich will, dass wir Letzteres schützen – und Ersteres als Warnsignal ernst nehmen.


Mehr zu lesen zu den Themen DEI und Neurodiversitäte Erkrankungen