
Unsichtbare Behinderungen
Wenn du mich siehst, siehst du wahrscheinlich einfach nur einen ganz normalen Typen. Ich rede mit dir, ich lache, ich bin mitten im Leben. Und ja – auf den ersten Blick würdest du nie vermuten, dass ich eine Behinderung habe.

Aber genau da liegt das Problem: Manche Behinderungen sieht man nicht.
Ich trage Hörgeräte – aber sie sind heute keine großen, auffälligen Apparate mehr wie früher. Sie sind klein, modern, digital und direkt mit meinem Smartphone verbunden. Also bitte nicht wundern, wenn ich scheinbar mit der Luft rede – manchmal telefoniere ich einfach direkt über meine Hörgeräte. Für mich ist das ein Stück Freiheit. Ich kann wieder Gespräche führen, Geräusche differenzieren, meine Umwelt besser wahrnehmen. Und trotzdem bleibt oft unbemerkt, dass ich ein Hilfsmittel trage, das mir das Leben überhaupt erst zugänglich macht.
Doch das ist nur ein Teil meiner Realität. Denn es gibt da noch die unsichtbaren Behinderungen. Die, die nicht direkt auffallen. Die, die sich im Alltag nur zeigen, wenn man genauer hinschaut – oder mir zuhört.
Ich lebe mit psychischen Erkrankungen, die mein Leben stark beeinflussen. Panikattacken, Reizüberflutung, emotionale Überforderung. Vor allem im öffentlichen Raum fällt es mir oft schwer, mich sicher und wohlzufühlen. Menschenmengen, Lärm, enge Räume – all das kann in mir Stress und Angst auslösen. Wenn du mich also mit Kopfhörern auf dem Kopf und einem Tablet in der Hand auf dem Behindertenplatz in der U-Bahn siehst, bin ich nicht einfach nur "beschäftigt". Ich schütze mich. Ich kapsle mich ab, weil mir sonst alles zu viel wird. Es ist mein Weg, in dieser lauten Welt einen Moment Ruhe zu finden.

Das alles sieht man nicht. Und genau deshalb ist es so wichtig, darüber zu sprechen.
Ich bin dankbar, dass ich bei Wien Energie ein Arbeitsumfeld gefunden habe, in dem ich mich mit all meinen Seiten zeigen kann – auch mit meinen Schwächen. Mein Team begegnet mir nicht mit Mitleid oder Sonderbehandlung, sondern mit echtem Verständnis. Sie sehen meine Stärken, unterstützen mich, wenn es mal nicht so gut läuft, und geben mir das Gefühl, vollkommen akzeptiert zu sein. Das ist nicht selbstverständlich – aber es ist möglich.

Und genau deshalb schreibe ich diesen Beitrag.
Weil ich zeigen möchte: Wir mit unsichtbaren Behinderungen sind da. Wir sind Teil dieser Gesellschaft. Wir arbeiten, wir kämpfen, wir leben – jeden Tag. Und wir brauchen nicht immer Mitleid oder Schonung, sondern Respekt, Offenheit und echte Inklusion.
Ich wünsche mir, dass es irgendwann ganz normal ist, über psychische oder unsichtbare Behinderungen zu sprechen. Dass man nicht erklären muss, warum man Hilfe braucht. Dass man einfach Mensch sein darf – mit allem, was dazugehört.
Denn unsere Behinderung ist vielleicht nicht sichtbar – aber sie ist real. Und wir sind genauso real, genauso wertvoll, genauso "normal" wie alle anderen auch.