Mein Held trägt kein Cape – aber er trägt meine Narben

04.05.2025

Ich bin zwar kein Superheld – aber wenn ich einer wäre, würde ich so aussehen

Wir alle haben uns irgendwann einmal gewünscht, ein Superheld zu sein. Stärker, mutiger, freier – jemand, der der Welt zeigt, was in ihm steckt. In meiner Vorstellung war mein Held nie Superman oder Batman. Nein – mein Superheld war und ist der Joker. Klingt verrückt? Vielleicht. Aber für mich steckt in ihm etwas, das mir Mut macht. Denn ich habe gelernt: Held sein bedeutet nicht, perfekt zu sein. Held sein bedeutet, sich selbst nicht aufzugeben – egal, wie oft man gefallen ist.

Der Joker wurde nie geboren, um der Bösewicht zu sein. Er wurde geformt – von Umständen, von Ablehnung, von einer Gesellschaft, die nicht hinsieht. Genau wie viele Menschen mit psychischen Erkrankungen. Auch ich habe das erlebt: ADHS, bipolare Störung, Borderline – Diagnosen, die mich nicht definieren, aber erklären, warum mein Leben manchmal aus Extremen besteht. Warum ich oft zwischen totaler Begeisterung und tiefster Verzweiflung hin- und hergerissen bin. Und warum ich mich immer wieder frage: Wo passe ich eigentlich rein?

Der Joker – Der Anti-Superheld, der mir Mut macht

Was mich so fasziniert? Der Joker ist echt. Er verstellt sich nicht. Er zeigt, was viele von uns fühlen, aber nicht aussprechen können: Schmerz, Wut, Einsamkeit. Und er hört nicht auf. Auch wenn er immer wieder verliert, kommt er zurück – radikaler, ehrlicher, furchtloser. Er ist Symbol für das, was viele mit unsichtbaren Behinderungen tagtäglich erleben: den ständigen Kampf gegen innere Stimmen, die sagen "Du bist nicht genug". Und genau deshalb ist er mein Held – nicht wegen seiner Taten, sondern wegen seines unerschütterlichen "Ich bin trotzdem da!".

Ich bin nicht der Joker – aber ich erkenne mich in ihm

Ich bin anders. Ich denke anders, fühle anders, reagiere anders. Aber das macht mich nicht weniger wert. Ganz im Gegenteil: Es hat mich kreativ gemacht, empathisch, kämpferisch. Wie der Joker habe ich gelernt, in der Dunkelheit eine Bühne zu finden. Ich schreibe, ich spreche, ich teile meine Geschichte – um anderen zu zeigen, dass sie nicht allein sind. Dass "verrückt" manchmal nur ein anderes Wort für "ungewöhnlich stark" ist.

Ich kämpfe nicht gegen Batman – ich kämpfe für Sichtbarkeit

Mein Alltag ist oft ein Drahtseilakt zwischen Überforderung und Euphorie. Aber ich habe gelernt, damit umzugehen. Ich bin Teil eines großartigen Teams bei Wien Energie, das mich nicht trotz, sondern mit meiner Geschichte akzeptiert. Ich darf kreativ sein, darf mich einbringen – und ja, manchmal bin ich der, der mit Ideen um sich wirft wie der Joker mit seinen Karten. Aber genau das macht mich aus.

Meine Superkraft? Ich bin ich. Und ich gebe nicht auf.

Der Joker zeigt mir, dass auch die Chaosmacher, die Grenzgänger und die Andersfühlenden eine Stimme haben. Dass wir nicht perfekt sein müssen, um wichtig zu sein. Und dass unsere Geschichte – so dunkel sie auch war – der Anfang von etwas Größerem sein kann.

Ich bin zwar kein Superheld. Aber wenn ich einer wäre, würde ich genau so aussehen.

Und du? Wer ist dein Superheld?