Gastbeitrag: Wien Energie - Sichtbar Werden

08.06.2025

Warum das Interview mit Wien Energie für mich mehr ist als nur ein Gespräch. Manchmal beginnt Veränderung nicht laut, sondern leise – mit einem Gespräch. Oder mit einem Tag, der alles verändert: Der myAbility Matching Day 2023 war für mich genau so ein Tag.

Damals war ich nicht sicher, ob meine Geschichte überhaupt Platz hat in einer Arbeitswelt, die auf Leistung getrimmt ist. Ich hatte gelernt, mich anzupassen. Zu funktionieren. Mich still zu halten – obwohl mein Inneres laut war. ADHS, Borderline und Bipolarität begleiten mich schon lange. Und doch war ich viele Jahre überzeugt: Ich muss "normal" sein, um mitreden zu dürfen.

Heute weiß ich: Das Gegenteil ist wahr.

Was mich ausmacht, ist nicht meine Störung – sondern mein Mut, damit sichtbar zu sein.

Als Wien Energie mich fragte, ob ich offen über mein Leben mit psychischen Erkrankungen im Arbeitskontext sprechen möchte, war mein erster Impuls:

"Ja – unbedingt."
Und mein zweiter:
"Hoffentlich habe ich den Mut dazu."

Denn auch wenn ich auf Mindful Journey oft über meine Erfahrungen schreibe – öffentlich auf der Website eines großen Unternehmens darüber zu sprechen, wie es ist, mitten im Arbeitsalltag mit einer unsichtbaren Behinderung zu leben, war ein Schritt raus aus der Komfortzone.

Aber genau solche Schritte braucht es, wenn sich wirklich etwas verändern soll.

Was dich im Interview erwartet

In dem Interview erzähle ich ehrlich, wie es ist:

  • wenn dein Gehirn im Großraumbüro Marathon läuft, während du einfach nur arbeiten willst,
  • wie viel Kraft es kostet, jeden Tag "normal" zu erscheinen, obwohl du innerlich kämpfst,
  • warum das Buddy-System bei Wien Energie für mich mehr war als ein Tool – es war eine Brücke,
  • was ich mir von Unternehmen wünsche, damit Inklusion nicht nur ein schönes Wort bleibt.

Ich spreche über Scham, Mut, Hoffnung – und darüber, was es heißt, wirklich gesehen zu werden. Nicht als Belastung. Sondern als Mensch.

Warum das hier auf Mindful Journey steht

Weil Sichtbarkeit heilsam ist.
Weil echte Inklusion nur entsteht, wenn wir Geschichten teilen, die man sonst oft nur hinter verschlossenen Türen hört.
Weil ich selbst lange gebraucht habe, um zu verstehen: Ich bin nicht falsch. Ich bin viel. Und das ist okay.

Dieses Interview ist für alle, die sich manchmal zu laut, zu empfindlich, zu kompliziert fühlen.
Für alle, die glauben, dass man erst perfekt sein muss, um dazugehören zu dürfen.
Und für alle Unternehmen, die bereit sind, zuzuhören – und sich zu verändern.

Hier geht's zum vollständigen Interview mit Wien Energie:

Sichtbar machen, was oft verborgen bleibt

Heute erzählen wir eine Geschichte, die Mut macht - und zum Nachdenken anregt: Ein Kollege spricht offen über das Leben und Arbeiten mit einer unsichtbaren Behinderung.

Lernt Camillo Anderle im Interview kennen und erfahrt, warum Diversity für Wien Energie so wichtig ist!

Vielfalt leben - auch wenn man sie nicht immer sieht

Vielfalt bezieht sich nicht nur auf Alter, Geschlecht oder Herkunft, sondern auch of Dinge, die man auf den ersten Blick gar nicht sieht. Dazu gehören zum Beispiel chronische Krankheiten oder sogenannte unsichtbare Behinderungen.

Ein Kollege aus unserem Team lebt genau damit, und hat mit uns offen über seine Erfahrungen im Arbeitsalltag gesprochen.

Get to know: Camillo Anderle

Camillo Anderle ist seit Feber Teil des #TeamWienEnergie. Aktuell ist er im Personalmanagement (PM) und dort im Bereich Employer Branding tätig, wo er mitgestaltet, wie wir als Unternehmen wahrgenommen werden, besonders im Bereich Inklusion und Diversität. Bevor ihn sein Weg zu Wien Energie geführt hat, hat Camillo Marketing & Sales an der WU studiert und als Online- und PR-Marketing-Manager gearbeitet.

In seiner Freizeit arbeitet Camillo mit großer Leidenschaft an seinem ersten Buch, einem Horror-Krimi. Außerdem betreibt er den Blog Mindful Journey, auf dem er über ADHS, Bipolarität, Borderline und psychische Gesundheit im Alltag und im Berufsleben schreibt - aus einer sehr persönlichen Perspektive.

Interview mit Camillo

Wie gehst du damit um, wenn du Kolleg*innen von deinen Diagnosen erzählst?

Ich versuche, offen und ehrlich zu sein - aber ohne Mitleid zu provozieren. Ich erkläre, was ADHS, Bipolarität oder Borderline bedeuten und wie sie mich beeinflussen. Aber ich spreche auch über meine Stärken: Kreativität, Empathie, Multitasking, unermüdliche Motivation. Ich wünsche mir Verständnis, keine Sonderrolle. Ich sage immer: Ich bin nicht meine Diagnose - ich bin Camillo. Früher war ich Mark, und dieser Name war für mich mit Ablehnung, Versagen und Schmerz verknüpft.

Heute lebe ich als Camillo - bewusst, weil ich gelernt habe, dass Identität auch Heilung sein kann.

Was würdest du dir von Unternehmen wünschen, um wirklich inklusiv zu sein?

Inklusion beginnt beim Hinsehen.

Ich wünsche mir strukturierte Onboardings mit Buddy-Systemen. Raum für Gespräche. Individuelle Unterstützung. Keine Angst vor Diagnosen. Keine Schubladen. Ich wünsche mir Führungskräfte, die nicht "trotzdem" sagen, sondern "deshalb".

Inklusion heißt: Wir arbeiten nicht nur mit der Norm - wir lernen voneinander. Und: Ich wünsche mir, dass man psychische Erkrankungen genauso ernst nimmt wie körperliche. Dass man nicht erst funktionieren muss, um gesehen zu werden - sondern schon im Struggle Unterstützung erfährt. Ich habe oft erlebt, wie schnell man ausgegrenzt wird, wenn man nicht "reinpasst". Dabei braucht es oft nur kleine Anpassungen, um Großes möglich zu machen.

Wie ist es für dich, bei Wien Energie zu arbeiten?

Wien Energie ist für mich ein sicherer Hafen geworden. Hier wurde ich gesehen, gehört, verstanden. Nicht als "Problemfall", sondern als Mensch mit Potenzial. Das Buddy-System, die klaren Strukturen, die respektvolle Kommunikation - all das hat mir geholfen, anzukommen. Ich darf hier ich selbst sein. Und das ist für jemanden wie mich, der oft Masken getragen hat, ein Geschenk. Zum ersten Mal in meinem Leben fühle ich mich in einem Job wirklich sicher. Ich muss mich nicht mehr verstecken.

Ich darf Fragen stellen, ich darf mich zurückziehen, wenn es zu viel wird - und ich darf trotzdem wachsen.

Mein Team glaubt an mich - manchmal mehr, als ich es selbst tue. Und genau das ist wahre Inklusion.

Was sind für dich die größten Barrieren im Alltag?

Im Großraumbüro ist es oft die Reizüberflutung: Gespräche, Geräusche, ständiger Input. Das überfordert mich. Privat ist es die Erwartung, "normal" zu funktionieren. Freunde, die meinen, ich solle "mich zusammenreißen" , statt zuzuhören. Es ist der ständige Druck, sich erklären zu müssen, obwohl man einfach nur dazugehören will. Und ganz ehrlich: Die größte Barriere ist manchmal die Scham. Die innere Stimme, die sagt: Du bist zu viel. Zu laut. Zu kompliziert. Diese Stimme hat viele Jahre mein Leben bestimmt. Heute antworte ich ihr mit Klarheit: Ich darf so sein, wie ich bin. Aber das war ein langer Weg.

Was ist deine Vision für eine inklusive Arbeitswelt?

Eine Welt, in der man nicht erklären muss, warum man Unterstützung braucht. Eine Welt, in der man nicht gefragt wird:

"Was kannst du trotzdem?" - sondern: "Was brauchst du, um zu glänzen?" Inklusion ist nicht Mitleid. Es ist Augenhöhe. Es ist das Vertrauen, dass wir alle etwas beitragen können, wenn wir dürfen. Meine Vision ist eine Arbeitswelt, in der Menschen mit psychischen Erkrankungen nicht mehr "Problemfälle" sind - sondern Möglichkeitsräume bekommen. In der nicht nur über Diversity gesprochen wird, sondern sie gelebt wird - in Meetings, in Strukturen, in der Haltung. Und in der jemand wie ich nicht mehr das Gefühl haben muss, sich selbst retten zu müssen.

Du willst wissen, wie echte Inklusion im Job aussehen kann – und Teil eines Teams werden, das Menschen sieht? Dann findest du hier mehr über Wien Energie und offene Jobs: